Seitan statt Fleisch – die Geschichte von Vegusto

Katharina und Andreas von Vegusto im Gespräch mit Sonja Tonelli vom VgT.ch


Wie entstand die Idee, Vegusto auf die Beine zu stellen?

Angefangen hat alles 1993; als wir die heutige Swissveg.ch initiiert haben: Wir waren gerade mit unseren Ausbildungen fertig geworden und waren wild entschlossen, die Welt etwas „veganer“ zu machen. Unser neu gegründeter Verein hiess damals, zeitgemäss und mit heutigen Augen recht sperrig „Schweizerische Vereinigung für Vegetarismus“. Vegetarisch waren wir aber nur in dem Sinn, dass auch Veganer vegetarisch leben. Der Verein war aber vegan. Darum schrieben in die brandneuen Stauten: Der Vorstand lebt vegan. Und so wurden wir alle auch vegan.

Eine der grössten Errungenschaften in dieser Zeit war die Einführung des Europäischen Vegi-Gütesiegels «V-Label», welches sich mittlerweile in der Schweiz und in vielen anderen Ländern durchgesetzt hat.

Nach einigen Jahren Informationsarbeit erkannten wir immer klarer, dass die blosse Verbreitung von Wissen über die vielfältigen Vorteile einer gut geplanten pflanzenbasierten Ernährung einfach nicht ausreicht, um die die Menschen zu einer pflanzenbasierten Ernährung zu bewegen. Dazu fehlten ein Angebot und die Verbreitung von feinen veganen Fleisch- und Käsealternativen.

Darum haben wir 1997 die Vegi-Service AG (also wieder nichts mit vegan im Namen) gegründet, die genau dieses Ziel hatte, rein vegane Alternativprodukte zu entwickeln, zu produzieren und selbst zu vertreiben. Unser erster grösserer Kunde war die Firma Soyana. Ihr haben wir geholfen, die ersten Fleischalternativen auf Seitanbasis zu produzieren. Seitanprodukte (im Gegensatz zu Tofu) waren damals – obwohl in Asien traditionell bekannt – in der Schweiz noch völliges Neuland.

Wie werden bei euch die Produkte entwickelt, woher stammen die Ideen für diese Produkte?

Die Vegusto Fleisch- und Käsealternativen wurden von Katharina entwickelt. Sie hat aus ethischen Gründen mit 16 Jahren aufgehört, Fleisch zu essen. Dies hat einiges an Überwindung gekostet, denn ihr haben Fleischprodukte sehr geschmeckt. Für die Entwicklung der Vegusto Fleischalternativen war ihre klare Erinnerung an den Geschmack von Fleisch immer ein grosser Vorteil.

Für das Entwickeln neuer Produkte brauchte es vor allem viel Zeit, Ausdauer und Fleiss. Zuerst ist da eine Idee, was man entwickeln möchte. Danach macht man einen ersten Test (wir nennen das einen Ankerwurf) und dann geht es darum, die richtigen Rohstoffe für eine gute Konsistenz und die richtigen Gewürze für einen feinen Geschmack zu finden. Natürlich muss alles immer fein säuberlich protokolliert werden. Manchmal braucht es für ein neues Produkt mehrere Monate bis es so weit entwickelt ist, dass wir es unseren Kundinnen und Kunden vorstellen können. Auf jeden Fall arbeiten wir ständig an unseren Rezepturen.

Nachdem ein Produkt fertig entwickelt ist, muss es von einer kleinen Teschmaschine auf unseren grossen Maschinen hergestellt werden. Auch dieser Prozess braucht jeweils noch etwas Zeit.

Vegusto suchte 2015 einen neuen Cutter; zum Glück haben wir uns für eine Maschine entschieden, die einen kleineren Gabelschlüssel benötigt.

Foto: Vegusto suchte 2015 einen neuen Cutter; zum Glück haben wir uns für eine Maschine entschieden, die einen kleineren Gabelschlüssel benötigt.
PS: Wir setzten übrigens nur fabrikneue Maschinen ein, die noch nie mit Fleisch in Berührung gekommen sind.

Bild: Die ersten Etiketten von Vegusto (1997); produziert bei der Firma Soyana.

Bild: Die ersten Vegusto-Etiketten (1997); Vegusto produzierte damals für wenige Monate bei der Firma Soyana.

Sind weitere Produkte in Planung?

Wir entwickeln jedes Jahr 2-3 neue Produkte. Im Moment sind vor allem neue Käsealternativen gefragt, aber auch neue Wurstwaren und Fertiggerichte im Glas stehen auf unserer Liste. Glas ist ein grosses Thema für uns: Produkte im Glas sind lange haltbar und Glas ist eine sinnvolle Alternative zu Plastik.

Was möchtet Ihr mit euren Produkten erreichen?

Es macht uns grosse Freude, geschmacklich feine, vegane Produkte herzustellen. Besonders schön ist es, unsere Produkte mit anderen Menschen zu teilen. Wir sind der Überzeugung, dass es für eine gute Zukunft von Mensch, Tier und Umwelt einfach unabdingbar ist, dass immer mehr Menschen die vielfältigen Vorteile einer pflanzenbasierten Ernährung erleben können. Hier bieten wir mit unseren Fleisch- und Käsealternativen eine Einstiegshilfe.

Warum sind eure Produkte nicht bio-zertifiziert?

Es mag vielleicht überraschen: Aber unsere Firma ist seit vielen Jahren Bio-zertifiziert.

Seit vielen Jahren setzen wir aus ethischen und auch aus gesundheitlichen Überlegungen fast nur noch Bio-Rohstoffe ein. Allerdings ohne dies zu deklarieren. Nicht Bio sind nur noch einige Gewürze, die Hefeflocken (weil in Bio-Qualität einfach nicht bezahlbar), sowie einige in den No Muh-Spezialitäten verwendeten veganen Aromen auf Holzbasis. Bedauerlicherweise ist es so, dass, solange wir nicht auf der Positiv-Liste stehende Aromen für unsere No-Muh, Spezialitäten verwenden, wir nicht einmal auf der Zutatenliste erwähnen dürfen, dass wir Bio-Rohstoffe verwenden. Ein No Muh ohne den typischen Käse-Geschmack, dafür aber mit Bio-Zertifikat ist für uns derzeit aber keine Option.


Foto: Katharina + Andreas im Vegusto Direktverkauf mit unserer veganen Pudeldame Eve, geboren 2010

Wie geht es Vegusto als KMU mit wirtschaftlichen Herausforderungen um?

In den letzten Jahren hat sich wirklich viel verändert: Die Rohstoffpreise haben sich in sehr vielen Fällen verdoppelt und der Franken ist gegenüber dem Euro viel wertvoller geworden. Diese Entwicklung ist tatsächlich nicht sehr gut für den Export von in der Schweiz hergestellten Premiumprodukten.

Aber wir sind in der glücklichen Lage, dass Vegusto eine sehr grosse und treue Fangemeinde von lieben Kundinnen und Kunden hat, die es uns ermöglichen auch in stürmischen Zeiten gut unterwegs zu sein.

Wichtig ist hier aber auch zu sagen, dass wir immer sehr darauf geachtet haben, ohne fremdes Geld oder Schulden zu wachsen. Das macht uns unabhängig.

Was ist euer persönliches Vegusto-Lieblingsprodukt?

Das hängt ein wenig von der Jahreszeit ab: Eine feine vegane Wurst vom Grill ist im Sommer immer ein Hit. Und im Winterhalbjahr gelüstet es und wie wohl die meisten Schweizerinnen und Schweizer nach herzhaften Käsegerichten. Ein feines veganes Raclette oder Fondue mit Freunden ist einfach ein Genuss, der in der zur kalten Jahreszeit dazugehört.

Dazu geniessen wir das ganze Jahr über auch unsere feinen veganen Käsestücke: Besonders lieben wir natürlich den No Muh, Rezent (unseren Topseller) oder den feinen No Muh, Kräuter, mit frischem Basilikum. Die Vegan-Aufschnitte machen für zwischendurch satt und zufrieden. Wir möchten kein einziges Vegusto-Produkt missen.

Nicht zu vergessen, ist unsere grosse Auswahl an veganer Tiernahrung für Hunde und Katzen. Vegane Katzen- und Hundenahrung gibt es seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts und wir sind sehr froh, ist

Was würdet ihr Fleisch- und Käseliebhabern, die ihre Ernährung gerne umstellen würden, raten?

In der Regel hat man nur ein begrenztes Repertoire an Kochrezepten, die man regelmässig zubereitet. Hier hilft es sehr, diese Rezepte schrittweise zu veganisieren. Wir empfehlen beispielsweise statt Rahm einfach mal Mandelmus oder eine vegane Rahmalternative zu verwenden. Auch der Besuch eines Kochkurses, z. B. für die indische Küche, kann einem nochmals ganz neue Geschmacksuniversen eröffnen.

Was sind eure Pläne für die Zukunft?

Erwin haben wir noch gekannt, als er selbst noch Fleisch ass und damals nicht ganz verstehen konnte, warum wir „Jungen“ so stark auf vegan setzten. So haben wir alle zusammen einen langen Weg hinter uns gebracht. Vegan ist nun ein Wort, das jeder versteht und vegane Produkte gibt es zum Glück überall zu kaufen. Unsere kleine Firma braucht es daher nicht mehr unbedingt. Unser damaliges Ziel, Wegbereiter für vegane Fleisch- und Käsealternativen zu sein, haben wir erfüllt. Unsere Arbeit macht uns aber immer noch Spass und die Freude unserer Kundinnen und Kunden an Vegusto gibt uns Elan und Antrieb weiter zu produzieren.

Für die Zukunft haben wir uns einen grossen Autoklaven gekauft – den muss man sich als riesigen Dampfkochtopf in Whirlpoolgrösse vorstellen – damit möchten wir in Zukunft noch mehr lang haltbare Fertiggerichte entwickeln, wie wir sie schon mit unseren edlen No Muh, Pestos gemacht haben.


Daneben benötigt unsere vegane Stiftung auch mehr Zeit. Die Vegi-Stiftung von Vegusto kommt ohne Spenden aus. Unter anderem vergeben wir jedes Jahr den einzigen Award in der veganen Welt, der mit Geld dotiert ist.